Franz Ehrlich. Zur Person

»Gegen Franz Ehrlich verblassen andere Bauhaus-Biografien.«
Peter Richter, Süddeutsche Zeitung

Franz Ehrlich (1907–1984) stammte aus dem proletarischen Milieu des Leipziger Ostens. Nach einer Schlosserlehre, studierte er von 1927 bis 1930 am Bauhaus Dessau.

Infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme engagierte er sich im antifaschistischen Widerstand, wurde verhaftet und zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Danach kam er als politischer Häftling ins KZ Buchenwald, wo er den Auf- und Ausbau des Lagers mitplanen musste. Er entwarf Gebäude, Möbel und Gebrauchsgegenstände für die SS – und den bekannten Schriftzug »Jedem das Seine« im Tor des Häftlingslagers. 1939 wurde er aus dem KZ entlassen, arbeitete aber nun als angestellter Architekt der SS, zunächst weiter im KZ, später in der Zentrale des SS-Bauwesens in Berlin.

Nach dem Krieg wollte Ehrlich eine neue, bessere Gesellschaft mit aufbauen. In der DDR machte er Karriere, stieß aber mit seinem totalen Gestaltunganspruch schnell an Grenzen. Er richtete sich ein und machte Kompromisse – unter anderem wurde er IM der Stasi. Bis ins hohe Alter trieb ihn der Wunsch an, als Architekt ein hochkarätiges Gebäude zu bauen, was ihm nicht gelang. Stattdessen malte er, in den letzten 20 Jahren seines Lebens entstanden mehrere hundert Geigenbilder.

Bauhaus und Buchenwald, diese Symbole zweier ungleicher Moderneentwürfe, sollten für Ehrlichs Leben prägend sein.

Buch: Gefangen in der Titotalitätsmaschine.

»Seine komplexe Biografie demonstriert exemplarisch, dass man mitunter ein Anpassungskünstler sein muss, um in totalitären Systemen zu überleben.«
Christian Schröder, Tagesspiegel

Für ihren biografischen Essay »Gefangen in der Titotalitätsmaschine« begeben sich der Architekt und Designtheoretiker Friedrich von Borries und der Historiker Jens-Uwe Fischer auf die Spuren des lange vergessenen Gestalters Franz Ehrlich. Eine Auseinandersetzung mit ihm ist nicht nur wegen seines gestalterischen Werkes relevant, sondern auch wegen seines verschlungenen Lebenswegs, in dem sich die gesellschaftspolitischen Konflikte und Katastrophen des 20. Jahrhunderts symptomatisch verdichten.

Auf Grundlage umfangreicher Archivrecherchen reflektieren von Borries und Fischer über die Widersprüche in Ehrlichs Leben, die beispielhaft für den Totalitätsanspruch und die Ambivalenzen der Moderne sind.

Gefangen in Titotalitätsmaschine. Der Bauhäusler Franz Ehrlich erschien 2022 im Suhrkamp Verlag Berlin (Broschur mit Schutzumschlag, 315 Seiten, es 2801, 978-3-518-12801-5 und als eBook).

Audiowalk: Der Bauhäusler Franz Ehrlich in Buchenwald.

Mit einem Smartphone können sich Besucher:innen der Gedenkstätte Buchenwald individuell auf die Suche nach Spuren von Franz Ehrlich begeben. Die App führt zu verschiedenen mit Ehrlich verbundenen Orten und diskutiert seine Tätigkeit in Buchenwald im Spannungsfeld von Überlebenskampf, Widerstand und Kollaboration.

Realisiert wurde Der Bauhäusler Franz Ehrlich in Buchenwald. Ein Audiowalk von Jens-Uwe Fischer gemeinsam mit Refrakt (Alexander Govoni und Carla Streckwall) als Produktion der HFBK Hamburg, Designtheorie, Prof. Dr. Friedrich von Borries. Die App ist im AppStore und im PlayStore kostenfrei downloadbar.

Werkarchiv: Die wichtigsten Werke von Franz Ehrlich

Bislang gibt es kein umfassendes Verzeichnis von Ehrlichs Werk. Es reicht von kinetischen Objekten wie dem Mechanischen Schaufenster aus seiner Studienzeit am Bauhaus Dessau über Gebrauchsgegenstände wie die Sippenwiege Karl Koch aus dem KZ Buchenwald bis hin zu unrealisierten Entwürfen für Städte und Hochhäuser in der DDR und der Sowjetunion.

Derzeit wird an der HFBK Hamburg ein Repositorium aufgebaut, das ausgewählte, Ehrlichs Schaffen repräsentierende Werke präsentiert. Das Vertiefungsmaterial wird im Laufe des Jahres 2024 zur Verfügung gestellt.

Die Werkarchiv Franz Ehrlich wird von Jens-Uwe Fischer zusammengestellt.

Ausstellung: EHRLICHMONUMENT

Was sagt uns Ehrlichs Werk heute? Dieser Frage stellt das EHRLICHMONUMENT. Die aus Möbeln der Typenserie 602 gebaute, raumgreifende Installation wurde 2018 im Deutschen Architekturzentrum Berlin gezeigt. Eine erweiterte Fassung wird 2024 im Bauhaus Museum Weimar zu sehen sein.

Das EHRLICHMONUMENT ist eine gemeinsame Arbeit von Friedrich von Borries, Frieder Bohaumilitzky und Jens-Uwe Fischer.

Pädagogisches Material: Franz Ehrlich. Ein Bauhäusler in Buchenwald

Drei künstlerisch-wissenschaftliche Übungen für die Arbeit mit Schüler:innen, in denen sie sich mit Schrift, Möbeldesign und Architektur auseinandersetzen können.

Die Übungen wurden zusammengestellt von Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer.

Kooperationspartner:

Buch, Audiowalk, Werkliste und Ausstellungsidee entstanden im Rahmen eines Forschungsprojektes von Friedrich von Borries und Jens-Uwe Fischer an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (HFBK), gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – 281316174. Audiowalk und Pädagogisches Begleitmaterial wurden gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen.



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